Doppelt
hält besser!
Gesetz gegen Diskriminierung
in Planung
Während die Bundesregierung
ihr zweites Sicherheitspaket schnürte, forderte Volker Beck weitergehende
Maßnahmen: "Parallel zum Sicherheitspaket muss der rechtliche Schutz
vor Diskriminierung verbessert werden", so der rechtspolitische Sprecher
der Grünen-Fraktion.
"Wir
müssen Zeichen setzen, dass die Bedrohung durch Terror uns nicht davon
abhält, unser Land weltoffen und liberal zu gestalten", sagte der
Bundestagsabgeordnete in Berlin. Gerade jetzt seien klare Signale gegen
Ausländerfeindlichkeit nötig.
Beck möchte ein Anti-Diskriminierungsgesetz,
um den Diskriminierungsschutz im privaten Rechtsverkehr zu verbessern:
"Dabei wollen wir festschreiben, dass niemand aus Gründen des Geschlechts,
der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung,
des Alters oder aufgrund seiner sexuellen Identität benachteiligt
werden darf."Gegen Diskriminierung müsse es wirksame Sanktionen geben,
etwa Schadensersatz oder Unterlassensansprüche. Dabei geht es dem
Grünen-Politiker um den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen,
also insbesondere um die Begründung und Ausgestaltung von Kauf-, Miet-,
Dienst- oder Versicherungsverträgen.
Beispiel: Verweigert ein
Türsteher vor einer Disco, einem Restaurant z.B. einem Farbigen den
Zutritt, während andere Gäste hellerern Teints ungehindert die
Lokalität betreten dürfen, dann soll der Hinweis auf das Hausrecht
nicht mehr als Begründung für die Diskriminierung genügen,
dann muss der Herr Türsteher begründen.
Beck: "Das Antidiskriminierungsgesetz
soll es den Menschen erleichtern, sich gegen Diskriminierung im Alltag
erfolgreich zur Wehr zu setzen. Es wird auch langfristig zu Bewusstseinsbildung
beitragen und helfen, noch verhandene Vorurteile gegen Gruppen wie Migranten
oder Schwule und Lesben in der Gesellschaft abzubauen ....Viele europäische
Länder haben bereits Antidiskriminierungsgesetze erlassen. Im deutschen
Recht fehlen bislang solche Bestimmungen."
Ganz stimmt der Verweis Becks
auf die fehlende deutsche Gesetzgebung zwar nicht, es sei denn, man erachtet
unser Grundgesetz inzwischen nicht mehr wirklich als bindendes Recht. Da
heißt es in Artikel 3, 3: „Niemand darf wegen seines Geschlechts,
seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft,
seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauung benachteiligt
oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt
werden."
Aber doppelt hält vielleicht
besser? Das Grundgesetz als wöchentliche Pflichtlektüre für
Politiker – das wär's. Herr Beck jedenfalls hat seine Hausaufgaben
gemacht.
Susanne Jallow, moral-sense
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Das
Rätsel um die Hamburger Spur
In drei der Flugzeuge, die
am 11. September entführt wurden, befanden sich Personen, die vorher
in der Mariannenstraße 54 in Hamburg-Harburg zusammengelebt hatten:
Mohamed Atta, Marwan al-Schehi und Siad Jarrah.
Am 12. September gegen 21
Uhr fuhr in der Marienstraße die Polizei auf. Noch schneller waren
Journalisten der Lokalpresse, die schon einige Stunden vorher im Haus 54
auftauchten und die Nachbarn befragten. Der damalige Innensenator Scholz
(SPD) sagte später öffentlich, der erste Hinweis auf die Wohnung
sei nicht etwa vom FBI, sondern vom Springer-Auslandsdienst gekommen. Journalisten
des Hamburger Abendblatts (HA), die am frühen Abend des 12. September
beim Polizeipräsidium nachfragten, hatten die Auskunft bekommen: »Die
Adresse ist seit drei Jahren bekannt. Der Verfassungsschutz war schon mal
da. Das ist eine kalte Spur.« (HA, 14. 9.)
Offenbar war der Hinweis
auf die Wohnung schon an die Presse durchgesickert, bevor das FBI die Information
an die Hamburger Polizei weitergab. Aber wie war das FBI überhaupt
auf diese Spur gekommen, die es später ermöglichte, so viele
weitere Verbindungen der Terroristen aufzurollen? Angeblich war in einem
von Mohamed Atta benutzten, am Flughafen Portland abgestellten Leihwagen
ein Zettel gefunden worden, auf dem Straßenname, Hausnummer und Postleitzahl
notiert waren. Eine andere Version ist, dass dieser Zettel in Attas letzter
Wohnung in Florida gefunden worden sei. Noch weitaus spektakulärer
ist die Version des »Spiegel«, dass die Harburger Adresse von
der amerikanischen Polizei auf einem »angekokelten Zettel«
in den Trümmern der am 11. September bei Pittsburg/Pennsylvania abgestürzten
Maschine gefunden worden sei.
Wenn man aber weiß,
dass die Wohnung in der Mariannenstraße 54 von den letzten arabischen
Bewohnern schon zum 1. März geräumt und an den Vermieter zurückgegeben
wurde, gibt es nicht den geringsten Grund, dass irgendeiner der mutmaßlichen
Terroristen diese Adresse aufbewahrt oder gar am 11. September bei sich
geführt haben sollte. Alles deutet darauf hin, dass mit der in mehreren
unglaubwürdigen Varianten erzählten Geschichte von dem Notizzettel
lediglich davon abgelenkt werden soll, dass die Wohnung Mariannenstraße
54 tatsächlich schon länger im Visier amerikanischer und deutscher
Fahnder war.
Und nicht nur diese eine
Wohnung: Noch in derselben Nacht, gegen 0.35 Uhr, erschien die Polizei
auch in der Bunatwiete 23, ebenfalls in Harburg, und nahm die Ehefrau von
Said Bahaji zur Vernehmung mit. Bahaji, der angeblich mit Atta befreundet
war, soll wenige Tage vor dem 11. September aus Hamburg verschwunden sein.
Er wird immer noch mit Haftbefehl gesucht. Wie aber kam die Polizei auf
Bahaji? Mehr noch: »Zeitgleich« – also ebenfalls in der Nacht
vom 12. auf den 13. September – »werden sieben weitere Wohnungen
überprüft, vier davon durchsucht. Bis in die Morgenstunden rückt
das MEK noch mindestens acht Mal aus.« (HA, 14. September) Die einzige
plausible Annahme ist, dass die gesamte Gruppe um Atta und darüber
hinaus deren Bekanntenkreis schon seit längerer Zeit genau observiert
worden war. Das »Abendblatt« behauptete am 26. September, Bahaji
sei dem Verfassungsschutz schon vor mehr als einem Jahr aufgefallen.
Man sollte sich auch mit
dem Gedanken vertraut machen, dass zumindest amerikanische Dienststellen,
vielleicht deutsche ebenfalls, einen V-Mann in der Gruppe hatten. Höchstwahrscheinlich
hat diese Person den 11. September überlebt. Das lenkt den Blick auf
den »20. Mann«, der bei der Entführung fehlte. In drei
Maschinen hatten die Terroristen Fünfer-Teams, in der vierten, der
bei Pittsburg abgestürzten, waren sie aber nur zu viert. Als fehlender
»20. Mann« gilt Ramzi Binalshibh, der ebenfalls in der Marienstraße
54 gewohnt hatte und jetzt verschwunden ist. Er hatte sich bereits bei
einer Flugschule in Florida angemeldet und 2200 Dollar angezahlt, doch
war ihm im Sommer 2000 mehrmals das Einreisevisum in die USA verweigert
worden. Über die Gründe verweigern die US-Behörden die Auskunft.
Ging es vielleicht darum, das Leben ihres Informanten zu retten, ohne ihn
auffliegen zu lassen?
Ein weiterer merkwürdiger
Umstand blieb bisher unbeachtet: Die Wohnung in der Marienstraße
54, in der Mohamed Atta und seine Freunde gelebt hatten, steht seit ihrem
Auszug Ende Februar 2001 leer, wurde nicht neu vermietet. Dies ist in einer
Stadt, wo bezahlbarer Wohnraum rar ist, ein seltener Vorgang, der aber
vermutlich niemals aufgeklärt werden wird.
Knut
Mellenthin, ND
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